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»Jesu, geh voran auf der Lebensbahn«

»Jesu, geh voran auf der Lebensbahn«
Ein Gottesdienst
zum Sonntag Okuli, 15.3.2020,
online gepostet und gehalten für alle Gemeinden,
mit Grüßen allen Freunden.
 
Votum und Begrüßung
Im Namen des Vaters und des Sohnes
und des heiligen Geistes. Amen.
 
»Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, 
der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.«
 
Merkwürdige Zeiten sind.
Manche nennen es Krise. Viele machen sich Sorgen.
 
Wir können keine Gottesdienste zusammen feiern,
wie wir es gewohnt sind.
 
Und wir machen es trotzdem.
Wir beten miteinander und füreinander.
 
Ich schicke Euch heute einen kleinen Gottedienst.
Aus Leislau. In Text oder Video,
wie Ihr es mit mir feiern mögt.
 
»Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, 
der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.«
 
Laßt uns nicht zurückschauen.
Schaut mit mir nach vorn. 
Jesus wird mit uns gehen.
»Jesu, geh voran auf der Lebensbahn.«
 
Tagesgebet
Gott, Du Gütiger,
Du um uns, über uns, in uns – und mit uns.
Wir brauchen Dich.
Wir brauchen Dich immer –
und besonders jetzt in dieser Zeit.
Wir vertrauen Dir.
Du wirst mit uns gehen.
Jetzt und alle Tage.
Und bis in Ewigkeit.
Amen.
 
Evangelium
Hört das Evangelium für heute bei Lukas im 9. Kapitel:
 
Als sie auf dem Wege waren, sprach einer zu Jesus: 
Ich will dir folgen, wohin du gehst.
Und Jesus sprach zu ihm: 
Die Füchse haben Gruben und die Vögel 
unter dem Himmel haben Nester; 
aber der Menschensohn hat nichts, 
wo er sein Haupt hinlege.
 
Und Jesus sprach zu einem andern: Folge mir nach! 
Der sprach aber: Herr, erlaube mir, 
daß ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.
Er aber sprach zu ihm: 
Laß die Toten ihre Toten begraben; 
du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!
 
Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; 
aber erlaube mir zuvor, daß ich Abschied nehme 
von denen, die in meinem Hause sind.
Jesus aber sprach zu ihm: 
Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, 
der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.
 
»Im Windschatten«
Eine Predigt zum Sonntag Okuli 2020
 
Gnade sei mit euch,
und Friede von Gott, unserm Vater
und unserm Herrn Jesus Christus.
 
I. Widersprüche    
Ach, ich würde ja am liebsten bleiben.
Also immer.
Bleiben, da, wo ich bin.
So, wie bin ich.
 
»Als sie auf dem Wege waren, sprach einer zu Jesus: 
Ich will dir folgen, wohin du gehst.
Und Jesus sprach zu ihm: 
Die Füchse haben Gruben und die Vögel 
unter dem Himmel haben Nester; 
aber der Menschensohn hat nichts, 
wo er sein Haupt hinlege.«
 
Ich würde es gerne machen, wie die Füchse:
Mir ein Loch graben, und da kann ich hinein.
Mir ein Nest bauen, wie die Vögel.
Zum einkuscheln.
Da bin ich sicher. Da wohne ich. Da bin ich zuhause.
 
Ich hab das ja auch auf manche Weise schon gemacht.
Nun wohne ich schon so lange hier in Leislau.
Zweiundzwanzig Jahre.
Da sind unsere Kinder groß geworden.
Da haben wir es uns schön gemacht
im Haus und im Garten.
Da sind all meine lieben Dinge,
die Bücher und die Uhren und der kleine Gartenbrunnen.
Und so viel noch.
Da sind die Menschen. In Leislau und drumherum.
Ich bin gerne bei Euch 
und tue gern meinen Dienst in all den Gemeinden, 
auch, wenn es nun so viele sind.
 
»Und Jesus sprach zu einem andern: Folge mir nach! 
Der sprach aber: Herr, erlaube mir, 
daß ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.
Er aber sprach zu ihm: 
Laß die Toten ihre Toten begraben; 
du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!«
 
Ich habe auch gerne meine Eltern begraben.
Das klingt vielleicht erstmal komisch für Euch.
Es ist nun sechzehn Jahre her.
Aber doch: 
Ja, ich habe für sie gepredigt und gebetet,
meine Nichte hat das Kreuz getragen
und meine Frau hat die Orgel gespielt.
Es war schwer. Weil Abschied schwer ist.
Aber es war auch gut.
Weil ich weiß: Wir haben sie in Gottes Hand gelegt.
 
»Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; 
aber erlaube mir zuvor, daß ich Abschied nehme 
von denen, die in meinem Hause sind.
Jesus aber sprach zu ihm: 
Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, 
der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.«
 
Und ja: Wenn meine Kinder heimkommen,
und wir eine schöne Zeit haben,
dann freue ich mich.
Und dann müssen sie wieder gehen,
nach Leipzig oder Potsdam oder Schwenningen –
ich hasse lange Abschiede,
aber natürlich gehe ich mit raus ans Auto,
und sich sage: 
»Fahrt vorsichtig, bleibt behütet« … und all das, 
und dann umarmen wir uns,
und sie fahren los, wir schauen hinterher
und winken bis das Auto um die Ecke ist.
 
»Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, 
der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.«
 
II. Bleiber und Geher     
Vielleicht bin ich ja kein so guter Nachfolger. 
Ich würde lieber bleiben.
Aber Jesus sagt: Geh!
Geh weiter! Geh nach vorn!
 
Bleiben und Gehen – Gehen und Bleiben –
zwei Pole in meinem Leben.
Und in Eurem auch.
 
Es gibt ja so verschiedene Menschen.
Die einen blieben lieber, wo sie sind.
Die anderen müssen weitergehen.
Geher und Bleiber.
Für die einen ist es schwer, wenn Neues kommt.
Die anderen sehnen sich nach dem Neuen,
sie brauchen es, wie die Luft zum Atmen.
 
Und sind doch alles Menschenkinder. 
Die einen so, die anderen so. 
Sind die einen besser als die anderen?
Bessere Nachfolger? Bessere Jüngerinnen? 
 
III. Ansprüche
Woran mag ich das messen?
Ich weiß es nicht, denn es ist schwer.
 
An Jesus kann ich mich eh nicht messen.
Ja, ich glaube an ihn und hab ihn lieb.
Ich halte mich fest an ihm, sosehr ich kann.
 
Aber ich bin nicht wie er. Und werd’ auch nie so sein.
 
Vierzig Tage in der Wüste fasten.
Dem Teufel widerstehen.
Ohne Heim und Haus sein.
Sich mit der Familie überwerfen. 
 
»So jemand zu mir kommt 
und haßt nicht seinen Vater, Mutter, 
Frau, Kinder, Brüder, Schwestern, 
auch dazu sein eigenes Leben, 
der kann nicht mein Jünger sein.«
Das hat Jesus gesagt.
 
Und dann ist er durchs Land gezogen, frei und radikal.
Und am Ende gibt er sein Leben.
Ich glaub: Das alles könnte ich nicht.
Und würde es nicht.
 
IV. Unvermeidlich         
Ich würde lieber bleiben.
 
Aber das geht nicht.
Weil das Leben weitergeht. 
Und weil die Welt sich wandelt.
 
Da kann ich garnichts dagegen tun.
Auch, wenn mir das oft garnicht gefällt.
 
Was habe ich schon für Angst gehabt.
Damals, als ich von zuhause weg mußte mit sechzehn Jahren.
 
Und später, als sie mich eingezogen haben 
zu den Bausoldaten, da hatte ich noch viel mehr Angst.
 
Oder in all den Jahren, als sich in unseren Gemeinden 
so viel verändert hat.
Eine Reform nach der anderen.
Ich hab’s kommen sehen und konnte’s nicht hindern.
 
Oder als Freunde sich 
aus meinem Leben verabschiedet haben,
laut und krachend – oder still und leise –
es tut bis heute weh.
Und heute hab ich auch meine Ängste –
vor den braunen, 
die sich blau angestrichen haben zum Beispiel.
Kämen sie an die Macht, würden sie mich –
und andere Pfarrerinnen und Pfarrer –
in ein Lager sperren.
Ich weiß nicht, ob ich das durchhalten würde.
 
Oder jetzt: Corona –
da hab ich nicht wirklich Angst,
aber ich mache mir Sorgen:
Wie machen wir es richtig?
Wie üben wir Verantwortung?
Und wie machen wir es, wenn wir jetzt ein paar Wochen 
keine Gottesdienste halten können?
Wir werden es überleben.
Aber einfach ist das alles nicht.
Und gewünscht hab’ ich mir von all dem keines.
 
Die Welt geht ihren Gang, ob ich will, oder nicht.
Ich muß mit.
Ich muß gehen.
Bleiben geht nicht.
 
V. Anhängsel       
Wißt Ihr was?
Da bin ich wieder froh, daß ich Jesus habe.
 
Der kann nämlich, was ich nicht kann. 
Der ist so frei und radikal:
Der hält die Welt aus.
Der erträgt, wie sich das Leben ändert.
Der kommt durch.
Er ist ja schon durchgekommen.
Durchs Leben. Und auch durch den Tod.
 
Eins kann ich machen:
Ich geh’ ihm einfach hinterher.
Ich halte mich einfach an ihm fest.
 
So ungefähr:
Auf einer Klassenfahrt vor vielen, vielen Jahren,
da fuhren wir mit dem Fahrrad nach Frankenhausen.
Eine unendlich lange, gerade Straße.
Es war ganz abscheulicher Gegenwind.
Kaum ein Vorankommen.
Auf einmal überholte mich ein Bagger, so ein kleinerer,
mit einen großen, eckigen Führerhaus.
Der fuhr gerade so schnell, daß ich gut mitkam.
Hinter ihm, im Windschatten.
Auf einmal ging es ganz leicht.
Ich hatte Glück.
Ich war eine halbe Stunde vor den anderen da.
 
So will ich das mit Jesus machen.
Ein guter Jünger bin ich bestimmt nicht.
Aber ein Anhängsel.
Das will ich sein.
Ein kleines Etwas, das den Großen vor sich hat.
Ein Anhängsel in Jesu großem Windschatten.
Immer hinterher.
Er wird mich mitnehmen. Und Euch auch.
 
»Jesu, geh voran auf der Lebensbahn.«
Das macht er. Das macht er für alle.
Egal, wie Ihr seid: Bleiber oder Geher.
Hängt Euch dran.
Das reicht zum Jünger-Sein.
Amen. 
 
Der Friede Gottes,
der höher ist als alle Vernunft, 
bewahre eure Herzen und Sinne
in Christus Jesus.
 
Gebet und Vaterunser
Laßt uns beten.
»Jesu, geh voran auf der Lebensbahn.«
Geh mit uns durch diese wirren Zeiten.
Sei bei uns. Tröste uns. Gib uns die richtigen Gedanken.
 
»Jesu, geh voran auf der Lebensbahn.«
Sei bei den Kranken und mache sie gesund.
Sei bei den Sorgenvollen und gib ihnen Mut.
Die Einsamen laß Gemeinschaft finden.
Steh allen bei, die Verantwortung tragen:
Hilf den Mächtigen, 
gute Entscheidungen für alle zu treffen.
Besonders sei allen nah,
die in der Pflege und im Gesundheitswesen arbeiten.
 
»Jesu, geh voran auf der Lebensbahn.«
Gedenke auch derer, die uns aus dem Blick geraten,
weil uns anderes vor Augen steht.
Hilf, daß den Flüchtenden geholfen wird.
Wehre Kriegen und Hunger auf Erden.
Kämpfe gegen den Egoismus von Ländern und Menschen.
 
»Jesu, geh voran auf der Lebensbahn.«
Das wirst Du tun. Darauf vertrauen wir.
Sei gepriesen, Ewiger, jetzt und in Ewigkeit. Amen.
 
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld 
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, 
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich und die Kraft 
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. 
Amen
 
Segen
So bleibt bewahrt –
in Gottes Liebe, in seinem Frieden, in seinem Segen.
 
Der Herr segne euch und behüte euch.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch
und sei euch gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf euch
und gebe euch Frieden.
Amen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Urmel (Freitag, 20 März 2020 21:33)

    Eine gute Idee....

    Nachdem bekannt wurde, dass ALLE!!! kirchlichen Termine ausfallen war es, als wenn "sich der Boden auftut". So ist es also.... wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird........
    Inzwischen sind ökumenisch viele gute Alternativen gestartet und auch Ostern kann so gestaltet werden.
    Jede Medaille hat zwei Seiten..... so kann ich mich auch mal ohne Termine erholen..... :) :) Bleibt behütet

  • #2

    Fichtner und Franke (Freitag, 10 April 2020 10:54)

    Wir haben das Abend Mahl zusammen gefeiert. Es war sehr schön. Danke wir wünschen eine gesegnete osterzeit.