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»Wenn die Liebe ihren Lauf nimmt«

Ein Gottesdienst aus Crölpa-Löbschütz am Beginn der »Heiligen Woche«
Zum Palmsonntag, 5.4.2020.

Zum Lesen, hören, Mitfeiern …
Und teilt es mit anderen, zeigt es Ihnen, schickt den Link, gebt es weiter.

»Wenn die Liebe ihren Lauf nimmt«

Ein Gottesdienst

zum Palmsonntag, 5.4.2020,

online gepostet und gehalten für alle Gemeinden,

mit Grüßen allen Freunden.         

 

Geläut der Crölpa-Löbschützer Glocke

 

Orgelmusik (Praeludium g-moll von J.S.Bach)

 

Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes

und des Heiligen Geistes. Amen.

 

Heilige Woche – große Geschichte

Es fängt an.  Palmsonntag.

Heute zieht Jesus in Jerusalem ein.

Hosianna dem Sohne Davids!

Königsweg. Triumphzug.

Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn,

der König von Israel!

Palmzweige rauschen durch die Luft.

Kleider liegen auf dem Weg, wie der rote Teppich.

So kommt Jesus in die Heilige Stadt.

 

Am Donnerstag wird er Abendmahl feiern mit den Seinen.

Nehmt und esst. Trinkt alle daraus.

Tut das zu meinem Gedächtnis.

 

Donnerstag Nacht: Ein Gebet.

Doch nicht, was ich will, sondern was du willst.

Judas wird kommen und ihn verraten.

Soldaten verhaften Jesus.
Nächtlicher Prozess vor dem Hohenpriester.

Ihr habt gehört die Gotteslästerung! –

Er ist des Todes schuldig.


Am nächsten Morgen steht Jesus vor Pilatus.

Kreuzige ihn!

Geißelhiebe, Spottgesänge.

 

Das Kreuz liegt schwer auf seinen Schultern.

Dann Hammerschläge.

Mich dürstet“.

Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?

 

Am Freitag 15.00 Uhr ist Jesus dann tot.

Und neigte das Haupt und verschied.

 

Palmsonntag.

Heute fängt es an.

Diese Geschichte von Sonntag bis Freitag.

Die riesengroße Geschichte von Liebe und Tod.

 

Lied (EG 91,1-2)

1. Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken,

mich in das Meer der Liebe zu versenken,

die dich bewog, von aller Schuld des Bösen

uns zu erlösen.

2. Vereint mit Gott, ein Mensch gleich uns auf Erden

und bis zum Tod am Kreuz gehorsam werden,

an unsrer Statt gemartert und zerschlagen,

die Sünde tragen.

 

Am Mittwoch kam der Tod

Palmsonntag. Gründonnerstag. Karfreitag.

Da wird die Geschichte erzählt. Da geschieht sie.

Von Montag und Dienstag wissen wir nichts.

 

Aber Mittwoch.

 

Es waren noch zwei Tage bis zum Passafest

und den Tagen der ungesäuerten Brote.

Und die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten,

wie sie Jesus mit List ergreifen und töten könnten.

Denn sie sprachen: Ja nicht bei dem Fest,

damit es nicht einen Aufruhr im Volk gebe.

 

Am Mittwoch steht fest: Jesus muss sterben.

Ein Gremium sitzt beisammen.

Graue Herren in Prunkgewändern.

Die Macht hat sich versammelt.

Die Macht will den Tod.

Jesu Tod.

 

Und da trifft es sich gut,

dass es abends leise an der Tür klopft.

Judas schleicht herein. Heimlich.

Ich will ihn euch verraten.

 

Da werden sie froh.

Versprechen ihm Geld.

Und der Tod nimmt seinen Lauf.

 

Am Mittwoch kommt die Liebe

Am Mittwoch war aber auch noch etwas anderes.

 

Am Mittwoch kommt die Liebe.

 

Und als Jesus in Betanien war

im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch,

da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß

mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl,

und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt.

 

Die Liebe kommt leise zur Tür herein. Ohne ein Wort.

Eine Frau in schlichtem Gewand.

Sie hat noch nicht mal einen Namen.

Sie hat nichts weiter.

Nur sich selbst.

Und dieses kleine Gefäß.

Das ist der Liebe genug.

 

Weiß und zart ist das Fläschchen.

Aus Alabaster.

Das hat sie mitgebracht.

Und vorher gekauft.

Für ungefähr zwanzigtausend Euro nach heutigem Geld.

Völlig verrückt eigentlich.

Und genau richtig.

 

Sie geht zu Jesus.

Sie bricht das Fläschchen entzwei.

Das Öl fließt Jesus in die Haare.

Unbeschreiblicher Duft.

Sie massiert es ein.

Jetzt nimmt die Liebe ihren Lauf.

 

Lied (EG 81,7)

7. Ach großer König, groß zu allen Zeiten,

wie kann ich g'nugsam solche Treu ausbreiten?

Keins Menschen Herz vermag es auszudenken,

was dir zu schenken.

 

Liebe verjagen

Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander:

Was soll diese Vergeudung des Salböls?

Man hätte dieses Öl

für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können

und das Geld den Armen geben.

Und sie fuhren sie an.

 

Bis eben hatten sie nur zugeschaut.

Die Männerrunde:

Petrus, Jakobus, Johannes, Bartholomäus

und wie sie alle heißen – und, ja, auch Judas.

Sie sehen, was da geschieht.

Fassungslos. Es fehlen ihnen die Worte.

Es war still.

Mucksmäuschenstill.

Totenstill. Liebesstill.

 

Dann toben sie los.

„So was Unvernünftiges! Völlig verrückt!
Vergeudung! Alles verschwendet!“

Sie toben los,

wie die Wütenden zu allen Zeiten lostoben.

Auch heute und jetzt.

„Denkt doch mal an die Rentner in unserm Land,

die müssen Flaschen sammeln!

Und da schmeißt eine zwanzigtausend Euro

zum Fenster heraus …

was man damit alles Gutes tun könnte

für die eigenen Leute …“

Oder: „Wir haben genug zu tun in unserem Land.

Und Ihr holt noch Flüchtlinge rein.“

Und diese Woche hat einer sich beim Facebook empört:

„Wieso holen die Patienten aus dem Elsass rein?

Was gehen die uns an?

Wir brauchen unsere Krankenhäuser selbst!“

 

Petrus, Jakobus, Johannes – die ganze Runde –

und die Wutbürger heute:

Sie „wissen ja, wie es geht“.

Sie wollen eine Welt nach ihrem Bilde.

 

Und sie murren und raunen, sie tuscheln

und am Ende werden sie grob und laut.

Sie wollen die Macht über die Liebe.

Und sie wollen sie am liebsten verjagen aus der Welt.

 

Und sie fuhren sie an.

 

Lasst die Liebe Liebe sein

Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie?

Sie hat ein gutes Werk an mir getan.

Denn ihr habt allezeit Arme bei euch,

und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun;

mich aber habt ihr nicht allezeit.

Sie hat getan, was sie konnte;

sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt

zu meinem Begräbnis.

 

Ein Machtwort.

Ein Liebeswort.

Beides auf einmal.

Jesu Wort.

 

Lasst sie!

 

Hört auf mit euren Machtspielereien.

Lasst der Liebe ihren Lauf!

 

Jesu Stimme klingt hart dabei.

Er meint das wirklich so.

Das ist jetzt ernst.

Todernst. Und liebesernst.

 

Die anderen schweigen.

Sie schauen zu Boden.

Ein bisschen beschämt.

Und wohl wenig überzeugt.

So schnell ändern sich Stimmungen und Meinungen nicht,

wenn sie einmal festsitzen.

 

Jesus aber bleibt dabei:

Sie hat getan, was sie konnte.

Liebe tut, was sie kann. Jetzt. Hier.

 

Lied (EG 91,5-6)

5. Seh ich dein Kreuz den Klugen dieser Erden

ein Ärgernis und eine Torheit werden:

so sei's doch mir, trotz allen frechen Spottes,

die Weisheit Gottes.

6. Es schlägt den Stolz und mein Verdienst darnieder,

es stürzt mich tief, und es erhebt mich wieder,

lehrt mich mein Glück, macht mich aus Gottes Feinde

zu Gottes Freunde.

 

Macht der Liebe

Die Liebe kommt am Mittwoch in unsere Geschichte.

 

Mit dieser Frau und ihrem Fläschchen voll Öl.

Mit Jesu Worten:

Lasst sie! Sie tut, was sie kann.

 

Nun hat die Macht eine ebenso mächtige Gegenspielerin.

Die „Macht der Liebe“

Die wird tun, was sie kann.

Sie hört nicht auf damit, und sie tut es heute noch:
Sie ist anders.
Sie ist nicht grob und laut,

sie pöbelt nicht auf der Straße,

sie hetzt die Menschen nicht gegeneinander auf,

spaltet nicht,

ist nicht mutwillig, sucht nicht das Ihre,

bläht sich nicht auf“.

 

Die „Macht der Liebe“ tut, was sie kann.

 

Sie tut es an den geringsten Geschwistern.

Stellt sich gegen böse Mächte, wo es nötig ist.

Macht aus der Machtwelt eine Liebeswelt.

Soviel sie kann.

 

Und Jesus sagt: „Lasst sie!

 

Macht brauchst du nur, wenn du etwas Böses vorhast.

Für alles andere reicht Liebe, um es zu erledigen.“

 

Das soll Charlie Chaplin gesagt haben.

Er hat unsere Geschichte ganz bestimmt gekannt.

 

Unvergessen

Wahrlich, ich sage euch:

Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt,

da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis,

was sie getan hat.

 

Die Mächtigen von damals: Nicht mehr so wichtig.

Die Hohenpriester Hannas und Kaiphas:

Historische Personen aus der Bibel.

Pontius Pilatus: Ein Name im Glaubensbekenntnis.

 

Die Frau aber, –

die Frau, die die Liebe in unsere Geschichte gebracht hat:

Sie ist unvergessen.

Obwohl sie noch nicht mal einen Namen hat.

Vielleicht ist ja das einfach ihr Name: Liebe?

 

Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt,

da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis,

was sie getan hat.

 

Genauso machen wir das heute.

Wir vergessen sie nicht.

Wir predigen das Evangelium.

Dieses Evangelium.

Von dieser Frau und ihrer mächtigen Liebe.

 

Evangelium – es ist, wo die Liebe ihren Lauf nimmt.

 

Lied (EG 91,9)

9. Unendlich Glück! Du littest uns zugute.

Ich bin versöhnt in deinem teuren Blute.

Du hast mein Heil, da du für mich gestorben,

am Kreuz erworben.

 

Liebe bis zum Freitag. Und immer.

Palmsonntag.

Es hat angefangen.

Königsweg. Liebesweg.

 

Am Mittwoch kommt die Liebe

in diese riesengroße Geschichte.

Jesus nimmt sie mit.

Das Öl hat bis zu seinem Tod in seinen Haaren geduftet.

Die Liebe nimmt ihren Lauf –

von heute bis Mittwoch und bis zum Freitag.

Bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz.

Und vom Freitag dann weiter.

In einer Woche ist Ostersonntag. Denkt daran!

Da geht es weiter mit der Liebe. Für immer. Für uns.

 

Denn also hat Gott die Welt geliebt,

dass er seinen eingeborenen Sohn gab,

auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden,

sondern das ewige Leben haben.“ Amen.

 

Lied (EG 81,6+11)

6. O große Lieb, o Lieb ohn alle Maße,

die dich gebracht auf diese Marterstraße!

Ich lebte mit der Welt in Lust und Freuden,

und du mußt leiden.

11. Wann, o Herr Jesu, dort vor deinem Throne

wird stehn auf meinem Haupt die Ehrenkrone,

da will ich dir, wenn alles wird wohl klingen,

Lob und Dank singen.

 

Eigenes Gebet und Vaterunser

Nun lasst uns beten.

Wir machen das heute anders als sonst.

Ich bete Euch einmal keine Worte vor.

Sagt selbst Euer Gebet, jetzt.

Nehmt Eure eigenen Worte und sagt sie Gott.

Dazu spielen wir Euch ein wenig Musik.

So beten wir. Jeder und jede für sich.

Und doch verbunden.

 

(Hier klingt eine Weile leise Musik,

und wir beten mit eigenen Worten)

 

Gemeinsam beten wir:

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute

und vergib uns unsere Schuld

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn Dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

 

Segen

So bleibt bewahrt –

in Gottes Liebe, in seinem Frieden, in seinem Segen.

 

Der Herr segne euch und behüte euch.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch

und sei euch gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf euch

und gebe euch Frieden.

Amen.

 

Orgelmusik (Pavane a-moll – W. Byrd)

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Achim Schmidt (Sonntag, 05 April 2020 10:28)

    Allen Akteuren vielen Dank auch für diesen Gottesdienst! Die Tonqualität hat sich gegenüber dem Camburg-Gottesdienst vor 2 Wochen verbessert. Dadurch fühle ich mich als Zuschauer noch mehr „dabei“. Danke!

  • #2

    Henschel (Sonntag, 26 April 2020 13:14)

    Ganz grosssen Dank für diesen wunderbaren Text, ich bin ganz angerührt tief innen.