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»Wenn Jesus nach Camburg kommt« – Rundfunkgottesdienst am Palmsonntag 2023

Nun haben wir einen Palmsonntagsgottesdienst gefeiert –

alle achtzehn Gemeinden zusammen in der vollen Camburger Kirche.
Mit Kirchenchor, Gospelchor, Lektorinnen und Lektoren,

mit vier Konfirmandinnen, die gemeinsam mit mir gepredigt haben,

mit vielen Helferinnen und Helfern,

mit einem hochprofessionellen Team vom MDR

und mit unserer Rundfunkbeauftragen Ulrike Greim von der EKM.
Hier findet Ihr eineige Impressionen

und könnt den Gottesdienst nachhören und nachlesen:

Die Predigt zum Nachlesen:

»Wenn Jesus nach Camburg kommt«

Eine Predigt mit Konfis und Chor
zum Rundfunkgottesdienst am 2.4.2023 in Camburg

 

Pfarrer:

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt. Amen.

 

Jesus kommt.

Jesus bewegt sich.

Er bleibt nicht sitzen. Er geht los. Dann reitet er.

Sanftmütig auf einem Esel, ein Gerechter und ein Helfer.

 

Jesus kommt.

Er bleibt nicht für sich.

Er kommt zu den Leuten. Da will er sein.

Das war sein Ziel – und ist es bis heute.

 

Jesus kommt.

Er macht sich auf den Weg – sehr bewußt.

Er zieht in Jerusalem ein.

Er begibt sich in Gefahr.

In diesen Tagen wird er viel erleben.

Jubel und Begeisterung. Liebe und Verrat.

Das letzte Mahl mit den Seinen.

Verhaftung, Spott und Folter.

Dann werden sie ihn kreuzigen.

Und er wird sterben. Am Freitag.

 

Jesus kommt. Jesus kommt in die Welt.

Damals und heute.

Ganz und gar mit Haut und Haar und allen Konsequenzen.

Uns zuliebe.

 

Chor:

Jesus zog in Jerusalem ein, hört, wie sie ihn empfingen!

Alle Leute, ob groß oder klein, grüßten in froh mit Singen!

Hosianna, gelobet sei, der da kommt im Namen des Herren!

 

Pfarrer:

Und dann kommt Jesus womöglich nach Camburg.

Kommt die Schmiedehäuser Straße herunter –

vielleicht auf einem Esel. Oder auch auf einem alten Fahrrad.

Wer weiß?

Jedenfalls: Irgendwie bekommen wir es alle mit.

 

Henrietta:

Ich würde mich fragen, was Jesus hier will, was sein Ziel ist.

Ich würde zu ihm gehen.

 

Emma:

Ich wäre erst einmal total überwältigt und würde ihn ausfragen.

Erstmal: Sage ich du oder sie? Ich weiß es nicht.

Er ist ein großer Mensch, aber ich sehe ihn eher so wie einen Nachbarn,wie einen Bruder.

Muss ich noch überlegen, wie ich ihn anspreche.

 

Dann würde ich ihn zum Ukrainekrieg ausfragen und zu privaten Konflikten.

 

Und: Warum liebst du uns Menschen so stark und wirklich jeden?

Egal, was für schlimme Sachen jemand macht?

 

Helene:

Ich würde das meinen Freunden schreiben, ob sie das gehört haben.

Dann würde ich hingehen und fragen, ob er wirklich diese Wunder vollbracht hat.

Und wenn ja - wie. Man hört ja, dass an jeder Geschichte ein Funken Wahrheit ist –

oder ob da etwas dazuerfunden wurde.

Dann würde ich fragen, ob er Kinder hatte. Das könnte ja sein.

Und ob er was mit Maria Magdalena hatte, oder ob er unfruchtbar war.

Und ob er über die Saale laufen könnte - so zur Demonstration.

 

Ronja:

Ich würde denken, dass er die Leute besucht und sie kennenlernt, und hört, was die machen.

 

Chor:

Jesus kommt auch in unsere Stadt, geht ihm den Weg entgegen!

Seid nicht stumpf, seid nicht träge und matt, laßt euch zum Lob bewegen:

Hosianna, gelobet sei, der da kommt im Namen des Herren!

 

Pfarrer:

Und nun ist er da.

Vielleicht sitzt er mit uns am Küchentisch.

Wir haben Brot. Und Wein. Und Saft und Wasser, je nachdem, was schmeckt.

Und Schokolade und Knabberzeug natürlich.

 

Und wir haben jede Menge Fragen.

 

Emma:

Was denkst du von den heutigen Kirchen? Und von der heutigen Bibel?

Ist da was falsch rübergekommen?

Wie ist das mit dem Feminismus oder der katholischen Kirche?

Ob er einverstanden ist, wie dass geendet hat.

 

Wie ist das mit schwereren Krankheiten? Wenn jemand Krebs bekommt. Wieso?

Ob es da nicht irgendwie – auch wenn es arrogant klingt –

aber wenn er damals geheilt hat: Warum kann er nicht auch heute sowas heilen?

Gerade Menschen, die gut sind, und die das nicht verdient haben.

 

Oder gerade der Holocaust – das waren ja Juden, und Jesus war auch Jude.

Oder warum Menschen sterben müssen wegen ihres Glaubens.

 

Ich würde mich auch persönlich bedanken. Das kann ich nicht in Worte fassen.

Wie er für uns gestorben ist. Menschen sind meistens egoistisch.

Dass er aber so eine Entscheidung getroffen hat – das ist beeindruckend.

Da möchte ich ihm meinen Respekt zeigen.

 

Helene:

Was wäre, wenn er mal einen Gottesdienst besucht, falls er weiß, was ein Gottesdienst ist.

 

Emma:

Stell dir vor, der kommt in unsere Kirche und sagt: O wie mickrig?

 

Ronja:

Ich glaube, er würde sich darüber freuen,

dass wir noch so ganz viel für ihn gemacht haben und so viele Gebäude errichtet wurden.

Da kann man ja auch stolz drauf sein.

 

Emma:

Ich denke, er würde so richtig weise Sätze ins Gästebuch schreiben.

So richtig weise. So etwas richtig Bedeutendes,

was man sich in tausend Jahren angucken kann und sagen kann: Genau so soll es sein.

 

Was ich mich öfter schon gefragt habe: Was, wenn Jesus weiblich gewesen wäre. Die Tochter Gottes. Wie sich das entwickelt hätte. Ob dann Frauen auch stark und bedeutend geworden wären

und den Männern schneller gleichgesetzt worden wären.

 

Helene:

Vielleicht weiß er gar nicht, dass über ihn geschrieben wurde.

Vielleicht besorgt er sich auch neue Schuhe. Vielleicht Sneaker statt Sandalen.

Sonst würde er schrecklich frieren.

 

Und: ich würde gucken, ob er die Wunden an den Händen und Füßen hat,

und würde ihn fragen, was seine eigene Meinung zu Gott ist.

 

Chor:

Er will kommen zu dir in dein Haus, kannst du ihm recht begegnen?

Er sucht dich, weise ihn nicht hinaus, er will dein Leben segnen!

Hosianna, gelobet sei, der da kommt im Namen des Herren!

 

Pfarrer:

Jesus in der Welt.

In Jerusalem. In Camburg. Und überall da, wo Ihr heute zuhört.

Wir sitzen am Tisch. Wir gehen zusammen durch die Stadt oder durchs Dorf.

Jesus immer dabei.

 

Die anderen sehen ihn auch.

Und da gibt es welche, die glauben.

Ganz fromme und gläubige Leute.

Und welche, die mit Jesus gar nichts am Hut haben.

Da sind die Kirchgängerinnen. Und die Gleichgültigen.

Und Menschen mit guten Herzen.

Und auch böse.

Wie die Welt halt so ist.

 

Ronja:

Die Leute würden unterschiedlich reagieren.

Es gibt ja viele, die nicht glauben. Das wäre interessant, wie die reagieren.

Wenn Jesus uns dann erklären kann, dass wirklich Wunder passiert sind,

das wäre für solche Leute schon so, dass sie darüber nachdenken.

 

Emma:

Viele würde ihm nicht glauben. Da kommt ein Mann geritten und sagt: Ich bin Jesus.

Manche denken dann: Der Typ hat ´n Knall, der will nur Aufmerksamkeit,

das kann doch nicht Jesus sein. Und es wird solche geben, die ihm das glauben.

Aber vielleicht nur ein minimaler Anteil.

 

Helene:

Die meisten Leute werden ihn wohl leider als Spinner ansehen.

Ich bin mir nicht sicher, ob die, die ´ne tiefe Bindung haben, ihm glauben,

obwohl er sich für sie geopfert hat.

Selbst wenn man an die Kirche glaubt, denkt man: Der will uns verarschen.

Weil: Das widerspricht allen Gesetzen.

Obwohl er auferstanden ist und seine Jünger besucht hat.

Ich glaube, dass ihn viele nicht ernst nehmen.

 

Henrietta:

Ich glaub, dass es auch manche wütend machen würde.

Und die denken: Kirche ist dummes Zeug, und die denken, dass das alles nur inszeniert ist.

 

Helene:

Ich denke, dass auch in der Kirche viele wütend werden,

weil sie denken, dass da jemand Jesus nur imitiert.

Und das ist ja dann auch Gotteslästerung.

 

Henrietta:

Ich glaube auch, dass viele Menschen kommen werden, die gucken, ob das stimmt,

egal, ob sie an Jesus glauben oder nicht.

 

Helene: Ich könnte mir vorstellen, dass es sich über Social Media verbreitet würde,

und dann würde Camburg zur Attraktion: »Camburg - die Stadt, die von Jesus besucht wurde«.

 

Emma:

Wir könnten ihm am Ende ein Handy mitgeben,

damit er im Himmel mit uns noch Kontakt haben kann.

 

Ronja:

Ich würde ihn fragen, wie lange er hierbleibt, ob er länger hier leben würde.

Damals ist er ja gegangen, weil er gekreuzigt wurde.

Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass es Menschen geben würde, die das wiederholen.

 

Chor:

Er wird kommen am Ende der Welt, fordert uns zum Gerichte.

Sind wir dann zu den Seinen gezählt, stehn wir im ewgen Lichte.

Hosianna, gelobet sei, der da kommt im Namen des Herren!

 

Pfarrer:

Jesus ist gekommen.

Er bleibt nicht, wo er ist.

Er kommt zu den Leuten, kommt in die Welt.

Mit allen Konsequenzen.

 

Und er trifft auf Jubel und Zweifel, Begeisterung und Haß.

So war das. Und so ist es geblieben.

 

Er wird verraten. Er leidet. Sie bringen ihn um.

Aber er liebt einfach weiter.

 

Jetzt leidet niemand mehr allein.

Niemand zweifelt mehr allein und keine ist mehr allein wütend.

Und wenn eins sterben muß – und noch eins und noch eins – Jesus ist dabei.

Ganz fest.

 

»Hosianna, gelobt sei, der da kommt im Namen des Herren.«

So haben sie damals gesungen.

So haben wir es heute auch gemacht mit der Kantorei.

 

»Hosianna« – das ist nämlich beides:

Es ist ein Jubelgesang – »Hosianna! Wie gut, daß Du da bist! Und wie gut, daß Du bleibst.

Gelobt seist Du!«

Und »Hosianna«, das ist ein Hilfeschrei.

Es heißt auf Deutsch: »Hilf uns doch! Bitte! Jetzt! Wir brauchen dich.«

Jubelruf und Hilfeschrei. Beides auf einmal.

 

Und Jesus ist da. Und er hört.

Und hört nicht auf, zu lieben.

Und hört nicht auf, zu leben – auch, wenn er stirbt.

 

Und er sagt: »Seid getrost, denn ich lebe, und ihr sollt auch leben«.

 

In einer Woche feiern wir Ostern.

 

Amen.

 

Der Friede Gottes, der höher ist, als alle Vernunft,

bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

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